Hier gibts Leseproben meiner neuen "Projekte". Sind Erstentwürfe und deshalb mit Fehlern gespickt und werden auch Inhaltlich noch überarbeitet.
"Mit-Hundeleben" und "Lebendig mittendrin"
Copyright: © 2008 Angelika Mitlmeier
aus "Lebendig mittendrin" (oder : Männer? Nur noch leasen!)
Der Dampf des Badewassers hatte sich überall im Raum verteilt und sich auch auf den Scheiben des Spiegels niedergeschlagen. Es roch nach Kamille, vermischt mit einem Hauch von Aprikosenduft. Sie liebte diese eigenartige Mischung und atmete gleichmäßig tief ein und aus. Das heiße, ölige Wasser reichte bis eine handbreit unterhalb den Rand der Wanne und sie rieb die ausgestreckten Füße aneinander.
Ihre Hände führten den feinporigen Naturschwamm den Oberkörper entlang, hinab, zwischen die Oberschenkel, weiter bis zum Knie und wechselten zum anderen Bein. Hier kreiste er mit leichtem Druck von unten nach oben und erreichte abermals den Ort, an dem die empfindsamsten Stellen des menschlichen Körpers sitzen . Danach glitt er seinen Weg auf der Haut entlang fort, um sich nochmals ausgiebig dem Oberkörper zu widmen.
Die blonden, halblangen Haare, durch die hohe Luftfeuchtigkeit leicht gekräuselt, umrahmten ihr Gesicht. Mit geschlossenen Augen döste sie entspannt im Wasser und freute sie sich auf das, was danach kommen würde.
Arthur hatte vor zwei Stunden angerufen, er wäre voraussichtlich schon bald hier und habe sich das ganze Wochenende freigenommen, um es mit ihr und Jonas verbringen zu können.
Jonas, ihr Sohn war bei den Nachbarn untergebracht, bei deren Tochter, seiner Freundin, er heute schlafen durfte.
„Maaamaaaaa!!!“ Eine sehr bekannte, im Moment überhaupt nicht willkommene Stimme, riss sie jäh aus diesem, gerade so angenehm träumerischen, Zustand.
Erschrocken fuhr sie hastig hoch und beugte den Oberkörper nach vorne um den Haltegriff zu erreichen, in der Absicht sich daran hochzuziehen. Dabei rutschte sie im öligen Nass zur Seite, zurück in die Wanne, tauchte mit dem Kopf unter und schluckte beim Versuch Luft zu holen, vor lauter Schreck, einen Mund voll Wasser. Spuckend und prustend schüttelte sich wie ein nasser Hund und richtete sich vorsichtig wieder auf.
„Nein, das darf doch wohl nicht wahr sein!“ Leise vor sich hinschimpfend, fast wie in Zeitlupe, stieg sie langsam über den Rand der Badewanne. Eingehüllt in einen Frotteemantel, die nassen Füße in ehemals weiße, inzwischen schon leicht vergilbte Filzpantoffeln gesteckt, vernahm sie wiederholt ein lautes, eindringliches: „Maaamaaaa“. Diesmal nicht von draußen, durchs Fenster, sondern schon in unmittelbarer Nähe, aus dem Flur.
„Och Mööönsch, immer wenn ich es mir gemütlich mache, kommt der Zwerg und aus ist’s mit der Gemütlichkeit,“ dachte sie.
Eigentlich hatte sie sich so sehr auf einen entspannten Abend, und vor allem auf eine zweisame Nacht mit Arthur, ihrem neuen Freund gefreut, doch scheinbar war der schöne Abend zu Ende, noch bevor er überhaupt begonnen hatte.
Nun wurde die Türklinke energisch niedergedrückt und es blieb ihr nichts anderes übrig, als den Schlüssel umzudrehen um ihren ungeduldigen Sohn hereinzulassen.
Wer weiß, was der Bengel diesmal wieder angestellt hatte und ob, wie so oft, irgendwo Blut floss.
Jonas hatte Temperament für Zehn, scheute keine Risiken, kletterte auf die höchsten Bäume und der „Blödsinn“ war einer seiner ausgeprägtesten Sinne, neben seinem Geschmackssinn, der die Mahlzeiten zeitweise zu heißen Diskussionen über ihre Kochkünste ausufern ließ.
Er stand aufrecht in der geöffneten Türe, gesund, munter und unverletzt, grinste bis über beide Ohren, wobei er absichtlich die Oberlippe ganz weit hochzog, damit man seine erste Zahnlücke betrachten konnte und beschwerte sich:
„Maamaaaa, ich hab’ meinen Muffelbären vergessen! Ohne den kann ich doch nicht schlafen!“
„Na, wenn’s weiter nichts ist“ erwiderte sie erleichtert und streichelte ihrem 7-jährigen Lauser liebevoll über den blonden Lockenkopf. Er zog sie an der Hand mit in sein Zimmer, schnappte sich seinen Muffelbären unter den Arm und drückte ihr schnell einen Kuss auf die Backe. Dann musste er sich beeilen.
„Tschüss, Mama, bis morgen! Muss jetzt ganz fix wieder zu Sonja rüber. Die wartet und baut schonmal die Höhle, wo wir heute pennen dürfen. Hab’ gesagt ich komm’ gleich wieder und helf’ ihr dabei. Und schönen Gruß an diesen Arthur! Gehn wir morgen mit ihm in den Freizeitpark?“
„Ja, wir gehen.......“ konnte sie ihrem flinken Kerlchen noch nachrufen, und schon war er wieder bei der Haustüre hinaus, verschwunden.
Nun konnte sie aufatmen.
Jonas, wäre somit heute Nacht gut aufgehoben und einem ungestörten, wundervollen Abend, und der heißersehnten Nacht mit Arthur, stand nichts mehr entgegen.
Es sei denn, eine Naturkatastrophe würde sich ereignen, aber das war eher unwahrscheinlich in dieser Region. Hier gab es weder Erdbeben, noch Überschwemmungen und auch keine Orkane, Taifune oder Flutwellen. Der einzige Vulkan in der Gegend war sie selbst, wenn irgendetwas das Fass zum überlaufen brachte. Es schien vollkommen unwahrscheinlich, an diesem Abend in einem Lavastrom zu versinken. Das schlimmste an Wetterkatastrophen wäre ein Gewitter mit Blitzschlag in eine Stromleitung gewesen und selbst dafür hatte sie vorgesorgt. Eine Menge an Kerzen lagen schon dekoriert im Wohnzimmer. Also, nichts, aber auch gar nichts sprach gegen einen geilen Abend mit ihrem neuen Liebhaber!
Ein leckeres Menü für zwei Personen vom Chinesen um die Ecke, dazu ein Gläschen Reiswein, anschließend eng aneinandergeschmiegt, auf der großen Klappcouch im Wohnzimmer gemütlich kuscheln, ... und vielleicht noch mehr, so sah der Plan aus.
Zu allererst machte sie sich nun im zweiten Anlauf daran, ihr Vorhaben, für Athur in verführerischer Erscheinung aufzutreten, zu Ende zu bringen.
Die 300 km, die Arthur entfernt wohnte, konnte er bald schon hinter sich gebracht haben und plötzlich vor der Türe stehen. Eilig begab sie sich zurück ins Badezimmer, um sich noch flink zu enthaaren und mit wohlduftenden Cremes die Haut streichelzart einzureiben. Die heißesten Dessous übergestriffen, darüber ein schlichtes, aber vielversprechendes, enganliegendes Sommerkleid gezogen und schon wäre die verlockende Verpackung perfekt, die Arthur auspacken und hoffentlich genießen würde.
Also jetzt, ran an die die Haare. Eigentlich war die Enthaarungsaktion ja für gestern geplant gewesen, aber da kam, wie so oft, etwas dazwischen.
Jonas hatte sich trotz eindringlicher Warnung, „Jonas, lass das, mit Rollschuhen kann man nicht Fußballspielen!“ beim Rollschuhlaufen einen Zahn ausgeschlagen.
Ihr Sohnemann dachte: "Von wegen! ICH kann das!", holte mit dem rechten, Rollschuh bestückten Bein aus, und schlug mit Schwung nach dem Ball.
Als er sich in der Luft einmal um seine eigene Achse drehte, zog es ihm beide Beine unter dem Körper weg, er verlor das Gleichgewicht und knallte gefährlich hart auf den Bordstein.
Da war nichts mehr mit Körperpflege für Mama, sondern ein Arztbesuch stand auf dem Programm.
Nach einer dreiviertel Stunde Wartezeit in einem überfüllten Wartezimmer, inmitten von hustenden, schnupfenden, quengelnden Kindern, samt ihrer gereizten Mütter, rief die Sprechstundenhelferin endlich: „Frau Selling mit Jonas, bitte!“
Jonas zuckte beim Tapen der Platzwunde an der Lippe, kaum mit der Wimper, auch nicht, als ihm der Kinderarzt die Auffrischung der Wundstarrkrampfimpfung in den Po piekste. Danach war Angelice nicht mehr nach eigener Körperpflege zumute gewesen.
Deshalb machte sie sich erst jetzt daran, ihren Körper von allen Haaren, außer denen, die am Kopf wuchsen, zu befreien. Vollkommene Nacktheit, ihre glatte, seidenweiche Haut am ganzen Körper liebend, war sie sicher, Arthur würde das ebenfalls zu schätzen und nutzen wissen.
Vorher eilig Gesichtsmaske aufgelegt und Haare auf Wickler gedreht und dann weg mit dem Fell. Diesmal musste das der Rasieraparat erledigen, da für langwieriges Haare einwachsen und Epilieren keine Zeit mehr blieb. Außerdem hätten sich danach schnell rote Pusteln gebildet und eher an einen Streuselkuchen erinnert, als an pfirsichglatte, zum Streicheln einladende Haut.
Nach der Ganzkörperrasur cremte sie ihren wohlgerundeten Körper von Kopf bis Fuß mit einer nach Aprikosen duftenden Körpermilch ein.
Noch schnell die Gesichstmaske abwischen und die Lockenwickler abnehmen....
Da schellte die Türglocke!
„Verflixt und zugenäht, was ist denn jetzt schon wieder los? Hat er nun noch etwas vergessen, diese Nervensäge? Der vergisst irgendwann einmal den Kopf im Bett, wenn er morgens aufsteht und wundert sich dann, warum er sich nicht im Spiegel sehen kann! Dieses Kind macht mich noch wahnsinnig! So lieb wie ich ihn auch habe, aber der NERVT!“ grantelte sie, mit alles andere als weiblich verführerischen Gesichtszügen vor sich hin und riss kraftvoll, weil leicht verärgert, die Türe auf.
Gerade holte sie tief Luft, um Jonas die Meinung zu geigen und stand mit offenem Mund, grünlichbrauner Gesichtsmaske, Lockenwicklern, in ihren verwaschenen Bademantel gehüllt, plötzlich nicht, wie erwartet, vor Jonas....sondern vor Arthur.
„Scheiiiiiiibenkleister, was machst DU denn schon hier?“
begrüßte sie ihn überrascht, nicht in einem Ton, der angebracht gewesen wäre, den Mann zu empfangen, auf den man sehnsüchtig gewartet hat. Fast wäre ihr ein „Scheiiiiße" herausgerutscht, doch das konnte sie gerade noch in das Scheiiibenkleister umformulieren, bevor es ihren Mund verließ.
Da stand er, mit einer orangefarbenen Orchidee in der Hand, musterte sie sprachlos von oben bis unten und rührte sich keinen Millimeter, in Anbetracht dieses unerwarteten Empfangs. Und auch, weil er sie gepflegt, sehr anziehend in Erinnerung gehabt hatte.
Der Anruf war von unterwegs gekommen, in der Absicht, seine neue Flamme zu überraschen und nicht, wie Angelice vermutete, vor seiner Abfahrt. Er konnte es kaum erwarten, sie endlich hautnah zu spüren.
Jetzt war er verfrüht angekommen und das ist ja wieder einmal typisch Mann.
„Können die denn nicht Einmal pünktlich kommen? Entweder sie vergessen ganz zu kommen, weil sie irgendwo bei Kumpels in der Kneipe hängenbleiben oder kommen zu spät, weil sie sich doch noch irgendwann loseisen konnten oder aber, sogar zu früh, weil sie meinen, wir Frauen stehen immer zur Verfügung.“ dachte Angelice bei sich und versuchte dabei, die unter der Gesichstmaske entglittenen Gesichtszüge, möglichst wieder in harmonischere, ansehnlichere Bahnen zu lenken. Obwohl das unter dem inzwischen angetrockneten Heilerde-Joghurt-Honiggemisch höchstwahrscheinlich sowieso vergeblich war.
Manchmal können Sekunden lange dauern, wie Ewigkeiten, vor allem Sekunden peinlicher Augenblicke. Und das war genau so Einer für Beide.
Für Angelice, weil ihr bewußt wurde, welches Bild sie gerade in Arthurs Augen abgab – Und für Arthur, weil er ein schlechtes Gewissen bekam, sein neues Objekt der Begierde in diese Situation gebracht zu haben.
“Ähhh....ko...komm doch bitte herein,“ stotterte sie, nahm ihm die Blume aus der Hand und trat zur Seite.
„Hallo Süße, schön Dich zu sehen“ erwiderte er, durch den ungewöhnlichen Anblick leicht abgeschreckt und suchte vergeblich irgendwo in dem verschmierten Gesicht eine freie Stelle für einen Begrüßungskuss. Durch die, in der Zwischenzeit angetrockneten natürlichen Zutaten auf der Gesichtshaut, schimmerte es rötlich hindurch.
„Entweder hat die einen schrecklichen Sonnebrand abbekommen oder sie ist verdammt verlegen,“ mutmaßte er in Gedanken.
Mit den Worten, “Such dir einen Platz oder schau dich ein wenig um, ich bin gleich wieder da,“ versuchte sie sich aus der Affäre zu ziehen und verschwand schleunigst wieder im Badezimmer.
„Gott, ist das peinlich“ dachte sie, angestrengt bemüht, möglichst schnell die Kruste vom Gesicht zu schrubben und die Lockenwickler aus den Haaren zu ziepen.
„Ich sehe aus wie eine alte Hexe, die das Gesicht nicht mehr rechtzeitig vom übergesprudelten Zaubertrank wegbekommen hat! Fehlte nur noch, dass sich Kasimir durch die Terassentüre geschlichen hätte und mir auf die Schulter gehüpft wäre.
Der sieht aus wie der perfekte Hexenkater.
..............Mit-Hundeleben
Langsam wurde ihr bewusst: Ihr Timmy war nun tot! Hatte einen schmerzvollen Todeskampf erleiden müssen und sie war nicht bei ihm gewesen!
Gestern noch hatte sie Hoffnung geschöpft, eine Lösung zu finden,ihrer Mutter geglaubt, sie werde noch warten. Doch schon zu diesem Zeitpunkt war es beschlossene Sache gewesen und mit dem Tierarzt der Termin für die Todesspritze vereinbart. Als Tanja abends nach Hause zurückkehrte, war ihr geliebter Freund nicht mehr da. Es war leer und kalt in ihrem Zuhause, trotz Basti, dem Cockerspaniel, ihren Schwestern, Kater Flori und dem Hoppelhasen.
Diesmal holte Snoopy Tanja aus der Vergangenheit zurück, indem er ihr seinen Gummiknochen in den Schoß plumpsen ließ, weil er spielen wollte und es nicht mochte, wenn Tanja weinte.
Laika hatte sich inzwischen in den Garten zurück gezogen. So heftig das Gewitter getobt hatte, so schnell war es vorübergezogen und die Sonne strahlte wieder hell und heiß vom Himmel herunter.
Tanja riss sich zusammen und ging mit Snoopy zu Laika in den Garten, um sich abzulenken und mit ihren Kameraden zu spielen.
So ganz bei der Sache war sie aber nicht, denn sie dachte nach:
"Hätte ich es damals verhindern können?"
Sie kam nach einiger Zeit und mehreren Gummiknochenwürfen zu dem Schluss, dass diese Frage sie nie zu einer befriedigenden Antwort führen würde und langsam begriff sie, dass es Zeit war, endlich loszulassen.
So und nicht anders war es geschehen, selbst wenn es Möglichkeiten gegeben hätte.
Sie hatte es geschehen lassen und Schuldgefühle halfen ihr nicht weiter.
Rückgängig konnte es niemand mehr machen.
Viel wichtiger erschien es ihr plötzlich, sich damit auseinander zu setzen, welche Folgen das für sie und die nachfolgenden Hunde gehabt hatte.
Jetzt erst, durch das Aufleben der verdrängten Erinnerungen, lichtete sich ein Schleier, der all die Jahre, seit Timmys Tod, über ihrer Seele gelegen hatte.
Auf einem Teppich, in der linken Ecke der Terasse, döste Laika wohlig im Schatten, immer mit einem wachsamen Blick auf das Grundstück.
Sollte sich bloß kein Vogel erlauben in "ihrem" Revier zu landen!
Als Tanja Laika vor 4 Jahren aus dem Tierschutz übernommen hatte, war die einzige Beschäftigung der Hündin das Beobachten der Umgebung gewesen.
Snoopy hatte sich so prima entwickelt, zu Tanja eine enge Bindung aufgebaut, und obwohl er als Welpe alles andere als einfach zu handhaben war, weil er sehr angstaggressiv um sich biss, wenn man versuchte ihn zu berühren, hatte Tanja geglaubt, die Beziehung wäre stabil.
Für Tanja war die Beziehung zu Snoopy ihrer Ansicht nach,sogar sehr schnell, zu eng, geworden.
Tanja dachte, das wäre sicher nicht gut für den Kleinen, wenn er sie so sehr als das Wichtigste empfand und sich nur an ihr orientierte.
Sie wollte nicht, dass er von ihr abhängig werden würde und deshalb hatte sie sich entschlossen, ihm einen Hundekameraden dazu zu gesellen.
Er sollte Hund bleiben und nicht zu sehr an den Menschen hängen.
In mehreren Tierheimen hatte sie mit Snoopy nach einem geeigneten Partner für ihn gesucht und schließlich Laika gefunden, die genau das Gegenteil von Snoopy war, was die Bindung zu Menschen betraf.
Sie zeigte keinerlei Interesse an den Menschen, die zur Besichtigung kamen, hielt sich in einem Auslauf entfernt auf, und beobachtete das Geschehen aus sicherem Abstand. Die anderen Hunde der Hundegruppe, die man zum "Aussuchen" gebracht hatte, hielten respektvollen Abstand zu Laika.
Doch zu Snoopy nahm sie unmittelbar Kontakt auf und ihm gegenüber verhielt sie sich vom ersten Augenblick an fast wie eine Mutterhündin.
Tanja war sofort fasziniert von dieser ausdrucksstarken, unnahbaren Hündin gewesen.
Wie schwierig es werden würde, Zugang zu ihr zu bekommen und mit beiden Hunden im Alltag zurecht zu kommen, ahnte sie damals nicht einmal im Ansatz.
Bevor man ihr Laika anvertraute, kontrollierte der Tierschutzverein sogar, ob Tanja den Zaun Laika-ausbruchssicher mit Strom bestückt hatte, denn im Tierheim war das nötig gewesen,um Laika davon abzuhalten, über 2,20m hohe Zäune zu klettern. Die Stromdrähte montierte Tanja jedoch nach zwei Tagen wieder ab, weil sich die Hündin nach einem Stromschlag nicht einmal mehr in den Garten zu gehen traute und sich nur noch verkroch. Die ersten 48 Stunden löste sich die Hündin nicht einmal, machte auch kein großes Geschäft und Tanja befürchtete, sie könne gesundheitliche Schäden davon tragen. Laika war anfangs ein zitterndes Bündel Angst, egal ob im Haus, Garten oder bei anfangs nur kurzen Spaziergängen.
Nachdem sie sich ein wenig eingewöhnt hatte, konnte Laika von Null auf 100 in Fahrt geraten und wie eine Rakete hinter unvorsichtigen Vögeln herschießen, wobei es ihr mehrmals gelang, Vögel noch aus der Luft zu schnappen, wenn sie wegfliegen wollten.
Einige Male brachte sie diese sogar ins Wohnzimmer und ließ sie vor Snoopy losflattern, der sie sich natürlich sofort zu schnappen versuchte.
Diesem Treiben machte Tanja ein Ende indem sie, spontan erschrocken, zum Schutz einer im Wohnzimmer panisch herum fliegenden Amsel ganz laut brülle: " Aaauuuuussss, lass das!" und dabei sehr ärgerlich auf die Hunde losstürmte, die dem Vogel wild und ungestüm nachjagten.
Von da an suchte Snoopy jedes Mal Schutz hinter Tanja, wenn ein Vogel in seiner Nähe flatterte.
Laika reagierte mit großer Angst auf Tanjas barsche Unterbrechung der Vogeljagd.
Sie verkroch sich zitternd, mied Tanjas Nähe, wie in der ersten Zeit des Öfteren, und es dauerte Tage, bis sie sich in ihrer Anwesenheit wieder halbwegs locker und entspannt bewegen konnte.
Was musste dieser Hund schon Schreckliches erlebt haben!
Geräusche von klirrenden Flaschen, das scheppernde Geklimper des Schlüssels oder der Karabiner an den Leinen, Türen, die sich bewegten, schnelle Fußbewegungen und Vieles mehr, lösten in Laika von Anfang an, regelrecht panische Reaktionen aus.
Zitternd flüchtete sie dann immer in irgendeine Ecke oder unter die Bank, wo sie stundenlang verharrte, bis die Angst nachgelassen hatte.
Sie zu rufen oder zu locken brachte keinen Erfolg, denn jede Ansprache oder Zuwendung in solchen Momenten, stürzte Laika nur noch tiefer in den Abgrund der Panik.
Tanja versuchte erst gar nicht, sich ihr dann körperlich zu nähern, denn mehr als einmal hatte Laika bei Spaziergängen schon heftig nach Menschen geschnappt, die ihr versehentlich zu nahe gekommen waren.
An der Leine flippte sie häufig panisch aus, wenn etwas knallte, oder auch aus Gründen, die Tanja nicht sehen konnte, und Tanja musste sie mit Halsband und Geschirr sichern, da sie sich blitzschnell aus Halsband oder Geschirr einzeln, herauswand, wenn sie flüchten wollte.
Sah oder roch sie einen Hasen, hing sie ebenso wild und unansprechbar in der Leine und versuchte loszukommen um jagen zu können.
Das Eigenartigste jedoch war ein ganz gegensätzliches Verhalten Laikas, nämlich wenn sie sich manchmal scheinbar sicher fühlte.
Dann ging sie auf Tanja und ihre Söhne, auch auf Gäste, die sie zuvor eindringlich begutachtet und beobachtet hatte zu und bedrängte sie beharrlich, um Streicheleinheiten bettelnd.
Zwar näherte sie sich in unterwürfiger Körperhaltung, die Ohren unsicher ganz nach hinten angelegt, den Kopf gesenkt und die Rute unter den Bauch eingezogen, doch sie kletterte ihnen sogar, wie in Zeitlupe, fast als würde sie hinauf fließen, auf den Schoß und kratzte mit den Pfoten langsam und behutsam, trotzdem ausdauernd, nach den Händen, die sie kraulen sollten.
Die ersten Wochen verhielt sich Laika derart zwiespältig, dass Tanja sie sogar mit Dr. Jeckill und Dr. Hayd verglich.
Was hatte sie sich da bloß eingehandelt! Probleme über Probleme.
Leinenführigkeit Null, unansprechbar, unmotivierbar, desinteressiert, Jagdtrieb stark ausgeprägt durch ihr Vorleben, und Snoopy gegenüber sehr wirkungsvoll souverän dominant.
Na, das war mehr als eine Herausforderung, das grenzte schon an unüberwindbare Schwierigkeiten.
Stundenlang lag die hübsche Hündin oft regungslos vor der kleinen Holzhütte auf der Lauer, bis es immer wieder einmal ein Junghäslein unvorsichtigerweise wagte, aus der Deckung zu hoppeln.
Blitzschnell schnappte sich Laika diese Beute und legte sie, nur halbtot gebissen, dem damals halbjährigen Snoopy vor die Schnauze.
Sie schien nicht einmal auf ihren Namen zu reagieren und Tanja kam es vor, als lebte dieser Hund ganz in seiner eigenen Welt, in der Menschen keinen Platz hatten.
Doch nicht nur das:
Laika versuchte von Anfang an, auch Snoopy mit in ihre Welt zu holen, in der einzig und allein ihre hündischen Instinkte den Weg wiesen und wohl auch die tief in ihr gespeicherten Erfahrungen mit Zweibeinern. Diese mussten sehr negativ gewesen sein, vermutete Tanja auf Grund der Beobachtungen, die sie Laikas Verhalten betreffend, gemacht hatte.
Obwohl Snoopy mit einem halben Jahr sehr gut hörte und immer sofort freudig angesaust kam sobald ihn seine Menschen beim Namen riefen, versuchte Laika ständig ihn davon abzuhalten, indem sie sich ihm in den Weg stellte, ihn blockierte und ihn sogar in hündischer Manier zurecht wies.
Dazu sprang sie ihm in den Nacken und zwickte ihn gehörig, solange, bis er es aufgab, auf die Rufe seiner Tanja und deren Söhne zu reagieren.
Es schien die ersten Wochen, als mache Laika alle Bemühungen die Tanja darauf verwendet hatte, Snoopy zu einem freundlichen, offenen, zugänglichen Hund zu erziehen, zunichte.
Snoopy warf ihr nun inzwischen zum bestimmt 20ten Mal den Gummiknochen auffordern vor die Füße und guckte sie mit seinem unverwechselbaren Snoopydödelblick, freundlich erwartungsvoll an.
Während der Erinnerungen an die Anfangszeiten mit Laika, hatte sie automatisch ein ums andere Mal Snoopys "Schnulli" geworfen.
Den Gummiknochen benutzte Snoopy tatsächlich in der Art, wie Babys es mit ihren Schnullern tun. Wenn er sich aufregte, weil Gäste das Haus betraten oder ihn im Garten etwas erregte, holte er ihn sich und kaute zur Beruhigung darauf herum. Am aller nettesten fand Tanja es, wenn er abends solange daran herumlutschte und daran knabberte, bis ihm dabei die Augen zufielen. Wie einem Menschenkind, das den Kampf ums Wachbleiben langsam aber sicher verlor und ins Reich der Träume hinüberglitt.
Nun konnte sie wieder lächeln. Das ging gar nicht anders, wenn sie diese beiden Hundekameraden heute zufrieden um sich herum leben spürte.
Ihre beiden Süßen hatten sich zu einem "Dreamteam", wie sie es nannte, entwickelt. Sie verstanden sich pächtig, lagen oft eng aneinander gekuschelt, schlafend bei ihr auf dem Ledersofa oder auch auf der Hundematratze. Ausgelassen tobten sie miteinander und nie gab es Konflikte oder Eifersucht zwischen den Beiden. Tanja empfand es herzerfrischend und gleichzeitig rührend, wenn sie ihnen bei diesem intensiven Miteinander zusah.
Trotz der Trauer um Timmy und die anderen Hunde aus ihrer Kinder- und Jugendzeit, die sie gegenwärtig in sich fühlte, schien sich irgendetwas in ihr geklärt zu haben.
Es war, als würde eine unsichtbare Mauer, die zwischen ihr und allen Hunden nach Timmy, gewachsen war, plötzlich in sich zusammensinken und verschwinden.
Tanja fing an, sich selbst besser zu verstehen und zu durchschauen und ließ es zu, sich wieder zurück zu erinnern.
Als Tanja 16 Jahre alt war, brachte ihr Vater eines Abends Benji mit nach Hause.
Ein Bekannter hatte sie seiner Enkeltochter geschenkt, ohne vorher die Eltern zu fragen und natürlich ging das nicht gut. Die Leute wollten die 4 Monate alte Hündin wieder im Tierheim abgeben, doch Tanjas Vater dachte, er könne sie davor retten.
Auch Benji war eine schwarze Schnauzermixhündin gewesen, aber nie Tanjas Hund, sondern sie sollte mit Basti zusammen Familienhund sein. Ihr Opa, der damals noch bei ihnen lebte, mochte die Hündin von Anfang an nicht leiden und trat sie, wenn sie ihm im Wege lag oder ihm zu nahe kam.
Auch Benji litt bald an derselben Zerstörungswut, die später Timmy in ihrer Familie gezeigt hatte.
Wenn Tanja mit Basti und Benji Ausflüge unternahm, weil außer ihr nie jemand mit den Hunden spazieren ging, brauchte auch Benji kaum eine Leine, da auch sie sehr an Tanja hing und immer auf das achtete, was Tanja vorgab.
Doch Benji wurde ebenfalls eines Tages eingeschläfert, weil sie zu problematisch gewesen war und nicht stubenrein wurde, Schäden verursachte und sich im normalen Alltag der Familie gegenüber, ungehorsam benahm. Sie pinkelte sogar in ihr eigenes Bett, und als Tanja die Berufsausbildung begonnen hatte und an einem Wochenende zu Besuch kam, war Benji einfach plötzlich nicht mehr da gewesen. Opa hatte den Tierarzt davon überzeugt, dass die Todesspritze für den Hund die Erlösung darstellte.
Nun sah Tanja, wie sich das alles wiederholt hatte.
Erst Benji, dann Timmy, der ihr sehr ähnelte, beide wurden aus ihrem Leben herausgerissen und bei Beiden hatte Tanja das Gefühl gehabt, schuldig zu sein, weil sie die Tiere zu nahe an sich heran ließ. All die Jahre meinte sie, die Hunde mussten sterben, weil sie sie falsch erzogen, sie von sich abhängig gemacht und im Stich gelassen hatte.
Doch, was war mit Basti gewesen? Mit ihm verband sie doch ein ebenso intensives Band und auch er hatte die selbe Erziehung genossen, jedoch nie Verhaltensstörungen entwickelt, auch nicht, nachdem sie ausgezogen war.
Die Hunde hatten sich ihr freiwillig angeschlossen und ihr vertraut, doch Benji und Timmy erlebten ihre Hundewelpenzeit unter sehr ungünstigen Bedingungen.
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